Little road trip

So allmählich ziehen die Wochen vorüber. In der Uni läuft alles soweit ganz gut. Regelmäßig gibt es kleinere Präsentationen vorzubereiten oder wir machen Ausflüge. Das erste Quarter neigt sich dem Ende zu und dementsprechend auch schon der ein oder andere Kurs. Im Japanisch Unterricht werden wir wöchentlich meistens mindestens einmal, wenn nicht sogar mehrfach abgefragt. Es wird zwar nicht unbedingt einfacher, aber immerhin werden die Sätze, die ich formulieren kann ein wenig länger.
Seit Mitte November schneit es alle paar Tage und somit verwandelt sich Otaru nicht selten über Nacht in ein Winter-Wunderland. Häufig fallen innerhalb von einem Tag gleich zehn bis 20 Zentimeter Neuschnee. Glücklicherweise hab ich es gerade noch rechtzeitig geschafft, mir ein Paar Winterstiefel zu besorgen, da der tägliche Weg den Berg rauf und runter sonst zu einer gewagten Schlitterpartie geworden wäre…


Dennoch ist es nicht ungewöhnlich, dass es bis in den Dezember hinein auch immer wieder warme Tage gibt. So passiert es dann, dass auf mehrere Tage mit Temperaturen im negativen Bereich ein oder zwei Tage im oberen einstelligen oder knappen zweistelligen Betrag folgen, was zur Folge hat, dass all die ganzen Schneemassen innerhalb kürzester Zeit wieder schmelzen und sich zahlreiche Bäche die Straßen hinunter bilden.
Zum Glück wird es in Otaru schon gegen halb sieben hell. Das nutzte ich aus um den einen Freitag aus dem Bett zu kommen und mich auf dem Weg nach Sapporo zu machen. Dort traf ich gegen halb zehn auf Yuto, den ich zuletzt vor zwei Jahren in Berlin gesehen habe. Wie es der Zufall so wollte, ist er nach Hokkaido gekommen und wir haben uns auf den Weg gemacht.
Den ersten Tag haben wir südlich außerhalb Sapporos gestartet. Im Sommer erstreckt sich ein Lavendelteppich über den Hügel rings um den großen Buddha herum. Ich hoffe sehr, dass ich in den nächsten Jahren einmal die Gelegenheit haben werde, dieses duftende, lila Blütenmeer sehen kann. Da jedoch Lavendel Ende November nicht mehr blüht, erwartete uns eine nicht ganz so farbenfrohe Kulisse. Zunächst habe ich gar nicht so viel erwartet. Die Buddha Statue -Atama Daibutsu- ist quasi so gut wie komplett IM Hügel verborgen und von Weitem sieht es aus, als würde ausschließlich der Kopf ein wenig aus der Erde lugen. Wie sich herausstellte, führte dann ein Tunnel in die Mitte zur Statue, die somit wie in der Mitte eines Vulkanes thronte, was ich dann wiederum sehr beeindruckend fand. Entlang der Straße, die dorthin führte reihen sich dutzende Moai Statuen und an deren Ende befindet sich witzigerweise auch noch ein Replica von Stonehenge. Somit ist das Gelände des Makamonai Takino Cemetery eine ziemlich abgefahrene Mischung aus fernöstlicher, englischer und polynesischer Kultur.


Weiter in Richtung Süden führte uns die Autobahn zurück in die Gegend, in der ich zuvor mit meiner Klasse für den Onsentrip und mit Paul zum Orofureyama wandern war. Dieses Mal machten wir in Noboribetsu halt. Ein Ort, der für seine zahlreichen heißen Quellen bis über die Grenzen von Hokkaido bekannt ist. Sehr besonders ist das sogenannte Jigokudani, was so viel wie Tal der Hölle heißt. Schon aus einiger Entfernung weiß man, dass man es bald erreicht hat, denn die erhöhten Schwefelvorkommen verursachen ihren typischen Geruch.
Bevor es auf den Rückweg nach Sapporo ging, wollten wir es noch zum Toya See schaffen. Wir erreichten ihn gerade noch pünktlich zum Sonnenuntergang. Die Aussicht von oben herab war wunderschön und der Sonnenuntergang tat sein übriges. Lange konnte ich es jedoch nicht mehr aushalten, da mit Einbruch der Dunkelheit auch die Temperatur schlagartig fiel, was meiner Meinung nach außerhalb der Stadt erst recht deutlich bemerkbar ist. Nach einer knapp dreistündigen Tour zurück war ich sehr froh, in der „Ramen Republic“ eine große wärmende Schüssel Ramen genießen zu können. Anschließend konnte ich mich sehr glücklich schätzen, nicht erst wieder zurück bis nach Otaru zu müssen, da ich bei Yuzzi und ihrer Familie übernachten konnte. Noch ist mein Japanisch sehr holprig, wenn es um freies Sprechen geht, aber mit einer Mischung aus Englisch, Japanisch, Händen und Füßen ging es schon ganz ok. Außerdem haben sich auch alle ganz geduldig meine im Unterricht einstudierten Sätze über meine Familie angehört. Naja…das reagieren und interagieren ist jetzt langsam, aber sicher mein nächstes Ziel, nach dem auswendig Gelerne von steifen Satzgefügen hehe


Der Wecker am nächsten Tag riss mich viel zu früh aus dem Schlaf, aber weil ein weiterer spannender Tag bevorstand, war das gut verkraftbar. Yuto und sein Kumpel holten mich ab und schon ging es weiter, diesmal in Richtung des Zentrums von Hokkaido. Ein neuer Tag und weitere hunderte Kilometer unterwegs auf den Straßen. Ich habe es ziemlich unterschätzt, aber eigentlich sind die Wetterverhältnisse hier auf der Insel tatsächlich sehr unterschiedlich. In Otaru und auf unserem „Campus-Hügel“ liegt Schnee, entlang der Route des ersten Tages wieder so gut wie kein Schnee und dann letztendlich die absolute Winterlandschaft, sobald wir uns dem Zentrum und den nördlicheren Gegenden der Insel nährten. Also Hauptziel hatte sich Yuto den Blauen Teich Shirogane bei Biei gesetzt. Bilder die online zu finden sind, sehen traumhaft aus. Die Farbe des Wassers ist leuchtend cyanblau, weil es zunächst vom Mount Tokachi bis nach Biei fließt. Entlang der Strecke gelangen Spuren von Aluminium aus den Klippen des Shirahige Wasserfalls in den Fluss. Außerdem ist das Wasser aus den heißen Quellen mit Schwefel und Calciumcarbonat(Kalk) angereichert, wodurch die Gesteine im Flussbett ausgeblichen werden, was den Farbeffekt verstärkt. Es hätte bestimmt sehr schön ausgesehen, ein kleiner blauer See in mitten der winterlichen Landschaft. Nun ja,… hätte hätte – Fahrradkette! Dank mehrerer eisig kalten Nächte war der gesamte Teich zugefroren und zusätzlich auch noch von einer dicken Schneeschicht bedeckt. Wie das Ganze „Spektakel“ am Ende aussah, könnt ihr in meinen Fotos sehen. Unweit von Shirogane entfernt, befinden sich die Wasserfälle, die ich bereits erwähnt habe und die unsere Anreise letztendlich dann doch wieder gerechtfertigt haben.

Gut drei Stunden später sind wir wieder zurück in Sapporo angekommen. Vor dem Abendessen sind wir aber noch mit der Seilbahn auf den Moiwayama herauf gefahren um das Lichtermeer der Stadt bewundern zu können. Bei eisig, windigen minus neun Grad hält man es zwar nicht sehr lange, aber für den Ausblick hat es sich definitiv gelohnt. Eine Stunde später saßen wir zum Glück im warmen und warteten bei Tee und Bier auf unser Sushi. Als es dann endlich serviert wurde, konnte ich es kaum abwarten und habe es so sehr genossen. Tatsächlich gehört das Sushi von dem Abend mit zu den besten, die ich bisher gegessen habe! Allein schon, wie perfekt und schön es angerichtet wurde… Und ich halte an dieser Stelle fest: Kanihachi (Krabbengehirn) sieht aus wie graue Pampe, ist geschmacklich allerdings um Welten besser.


Am Ende musste ich noch einen kleinen Sprint einlegen, konnte dann aber zum Glück gerade noch rechtzeitig in den letzten Zug nach Otaru springen. Zurück an der Uni, kam mir auf Schlitten schon ein kleines Willkommenskomitee entgegen. Die Jungs hatten sich ein paar Rodelschlitten gekauft und wollten sie dann gleich testen. Den Spaß ließ ich mir natürlich nicht entgehen und hab auch noch eine Runde Late-Night-Rodeln mitgemacht, bevor ich müde und zufrieden in mein Bett gefallen bin.
Am ersten Adventssonntag haben wir im Gemeinschaftsraum des Wohnheims alle zusammen Okonomiyaki (siehe „Hakodate“ Blogbeitrag) gemacht und Weihnachtslieder gehört. Mit Michael Bublé kommt dann sogar allmählich weihnachtliche Stimmung auf.

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